Rettet der republikanische Wahlsieg in Virginia die USA vor den Demokraten?

Vom Wahlergebnis im US-Bundesstaat Virginia erhoffen sich viele Amerikaner ein Signal, dass die Chaos-Politik der Biden-Administration, die das Land in gesellschaftliche, wirtschaftliche und gesundheitspolitische Abgründe gesteuert hat, gestoppt wird.
Rettet der republikanische Wahlsieg in Virginia die USA vor den Demokraten?Quelle: Gettyimages.ru © Anna Moneymaker / Staff

von Rainer Rupp

Die Sensation war perfekt. Doch ''sleepy'' Joe Biden hatte sie an Bord seiner Air Force 1 auf dem Rückflug von seinen wenig erfolgreichen Teilnahmen am G20-Gipfel in Rom und dem Klimagipfel im schottischen Glasgow verschlafen. Als er am Mittwochmorgen in Washington landete, war er – ohne es zu wissen – in ein Amerika zurückgekehrt, in dem über Nacht eine entscheidende politische Wende vollzogen worden war. Denn im Bundesstaat Virginia hatten die Republikaner nicht nur bei der Gouverneurswahl (vergleichbar mit einem Ministerpräsidenten eines deutschen Bundeslandes), sondern auch bei den Wahlen zum Landeskongress und zum Top-Amt des Generalstaatsanwalts einen überzeugenden Wahlsieg davongetragen. Bisher aber hatte Virginia als uneinnehmbare Hochburg der Demokraten gegolten.

Damit haben sich nicht nur die politischen Aussichten seiner Partei, sondern auch seine eigenen Möglichkeiten, sich als Präsident in Zukunft durchsetzen zu können, einen dramatischen Niedergang erfahren. Den größten Teil des Mittwochs verharrte das gesamte politische Establishment von Bidens ''Demokratischer Partei'' in Schockstarre. Niemand hatte mit dieser Niederlage gerechnet. Denn Verblendung, überhebliche Selbstgewissheit und eng angelegte, ideologische Scheuklappen hatten in der demokratischen Führungsriege erfolgreich jegliche Wahrnehmung von Gefahr verhindert.

Aufgrund ihrer Weltsicht waren die Eliten der Demokratischen Partei überzeugt, dass kein anständiger Mensch Kritik an ihrer besten und fortschrittlichsten, an ihrer anti-rassistischsten und sozialsten und an ihrer einmalig identitären und ''woken'' Biden-Regierung üben könnte. Ungerechtfertigte Kritik konnte nur von derangierten Republikanern und Anhängern des abscheulichen Orange Man Trump kommen oder von anderen, nicht weniger schlimmen Rassisten und Faschisten. Und in diese Nähe fühlten sich auch immer mehr einst treue Wähler der Demokraten gerückt, die mit deren aktuellen Kurs nicht mehr einverstanden waren.

Diese selbst angelegten Scheuklappen machten es Wahlstrategen der Demokraten in Virginia unmöglich, die Realität zu erkennen, nämlich die zunehmende Erosion der demokratischen Wählerschaft und deren Hinwendung zu konservativen Werten, die vor allem in den letzten Monaten stark zugenommen hatte.

Vor allem waren es die republikanisch regierten Vorzeigestaaten Florida und Texas, in denen das genaue Gegenteil vom dem praktiziert wurde, was in vielen demokratischen Bundesstaaten zu einer düsteren Dystopie geworden war. So leiden die Menschen unter anderem unter der penetranten staatlichen Gängelung der Menschen auf Schritt und Tritt, den brutalen Einschränkungen der Freiheitsrechte, den mit Androhung des Verlustes des Arbeitsplatzes verbundenem Impfzwang, der zunehmenden Schwerkriminalität durch den massiven Abbau der Polizeikräfte, der ''woke''-Indoktrinierung bereits junger Kinder an den Schulen. Die Einführung einer ''kritischen Rassentheorie'' in den Schulunterricht lehrt den kleinen weißen Kindern, dass sie allein aufgrund ihrer weißen Hautfarbe an der Unterprivilegierung farbiger Kinder schuld seien.

Nicht zuletzt wären da noch die von den Demokraten offiziell politisch unterstützten Bewegungen. Die teils schwer bewaffneten Einheiten von Black Lives Matter und die Schlägertruppen der ''Antifa'' können, ohne die Ordnungskräfte fürchten zu müssen, ganze Stadtteile zu ''befreiten Gebieten'' erklären, wie z. B. in Portland im Bundesstaat Oregon. Dort können sie nach eigenem Gusto schalten und walten, inklusive Eintreibung finanzieller ''Spenden'' von Passanten und Geschäftsinhabern.

Angesichts solch vielfältiger und faszinierender Diversität in den demokratisch regierten Bundesstaaten und Städten ist es kein Wunder, dass viele Menschen sich wieder nach der banalen Langweiligkeit republikanischer Werte sehnen. Sie denken an ihre Familie und wollen gute Jobs, die man sich nicht erst als Versuchskaninchen für einen experimentellen Impfstoff erkaufen muss, oder persönliche Sicherheit sowie Ruhe und Ordnung.

Der Wahlsieg des republikanischen Glenn Youngkin zum Gouverneur von Virginia ist in vieler Hinsicht bemerkenswert. Youngkin ist ein politischer Neuling und Quereinsteiger.

Youngkin, der den meisten Wählern in Virginia noch zu Beginn des Jahres praktisch unbekannt war, fungierte als Vorstandsvorsitzender des Finanzkonzerns ''Carlyle Group''. Von der Position war er 2020 zurückgetreten. Beim Republikanischen Parteitag in Virginia im Mai dieses Jahres besiegte er sechs andere Kandidaten und gewann die Nominierung der Partei als Gouverneurskandidat. Aber die Lage war so gut wie aussichtslos. Seit 2009 hatte kein Republikaner mehr in Virginia eine wichtige Wahl gewonnen. Zugleich schien der demokratische Amtsinhaber Gouverneur Terry McAuliffe politisch fest im Sattel zu sitzen. McAuliffe ist seit Langem ein fester Bestandteil der Establishments der Demokratischen Partei. Von 2014 bis 2018 war er bereits Gouverneur und von 2001 bis 2005 war er Vorsitzender des einflussreichen ''Democratic National Committee''.

Die Niederlage der Demokraten in Virginia stellt auf US-Bundesebene für die Zwischenwahlen 2022 eine ernste Warnung für die Partei dar, zumal viele darin bereits ein Referendum über die bisherige Amtszeit Präsident Biden sehen. Als sich im Vorfeld der Wahlen Umfragen zwischen McAuliffe und Youngkin verschärften, war auch Bidens Zustimmungsrate in Virginia gesunken. Aktuell ist der Durchschnittswert der US-Umfragen über die Zustimmungsrate zur Politik von Präsident Biden auf 40.4 gesunken und die Ablehnung Bidens auf 50,7 Prozent der Befragten gestiegen.

Während des Wahlkampfs hatten McAuliffe und seine demokratischen Verbündeten hart daran gearbeitet, ihren Rivalen Youngkin mit Donald Trump in Verbindung zu bringen, denn der ehemalige US-Präsident ist in Virginia bei Nicht-Republikanern unbeliebt. Allerdings hatte Youngkin in Bezug auf Trump taktisch klug einen schmalen Grat gemeistert, indem er einerseits sagte, er fühle sich "geehrt", Trumps Unterstützung zu erhalten, ohne jedoch mit diesem gemeinsam im Wahlkampf aufzutreten.

Die Lehren aus Youngkins Sieg ist für die Wahlkampfstrategie der republikanischen Kandidaten in demokratisch regierten Bundesstaaten für die Zwischenwahl 2022 zum US-Kongress in Washington von großer Bedeutung. Zugleich wird dadurch bestätigt, dass die Strategie der Demokraten, immer wieder nur Donald Trump anzugreifen und Orange Man zum Oberbösewicht zu erklären, auch in angeblich sicheren demokratischen Hochburgen für einen Wahlsieg nicht ausreicht.

Die Demokraten werden gezwungen sein, stärker auf die Klagen der Bevölkerung gegen ihre katastrophale Politik der Biden-Bundesregierung einzugehen. Dabei wird es ihnen schwerfallen, diese angesichts der Erfolge in den republikanisch regierten Bundesstaaten zu rechtfertigen. Folglich werden viele demokratische Kandidaten für die US-Kongresswahl im kommenden Jahr versuchen, auf Distanz zu unpopulären Maßnahmen der Biden-Administration zu gehen, wodurch die politische Durchsetzungskraft der Biden-Regierung empfindlich geschwächt werden dürfte. Die derzeitige Entwicklung deutet stark darauf hin, dass die Demokraten im Jahr 2022 die Mehrheit im Repräsentantenhaus verlieren, was die ohnehin schwache Biden-Regierung noch schwächer machen würde.

Nach Einschätzung des US-Politikberaters Dr. Keith Naughton, Mitbegründer der Firma ''Silent Majority Strategies'' in ''The Hill'', sind in den USA ''die Wähler in einer üblen Stimmung, und die Partei, die im Weißen Haus sitzt, kommt in einem solchen Umfeld nie gut davon.'' Mit durchschnittlich 63 Prozent, die sagen, Amerika sei auf dem "falschen Weg", und mit Bidens Zustimmungsrate, die in den niedrigen 40er-Zahlen steckt, ist der Gegenwind heftig. Schlimmer noch, die Republikaner haben enorme Vorteile in kritischen Fragen, unter anderem bei der Inflation und bei der Wirtschaft. Die Demokraten werden 2022 mit ziemlicher Sicherheit das Repräsentantenhaus verlieren, und auch der Senat ist eindeutig gefährdet.''

Wenn Biden oder seine designierte Nachfolgerin Kamala auch den Senat verlieren würden, dann säße Ende nächsten Jahres bereits eine extrem ''lahme Ente'' im Weißen Haus. Auch die nächsten Monate werden schwer für das demokratische Establishment werden, denn die unterschiedlichen Flügel in der Partei, die sogenannten Progressiven, werden sich verraten fühlen, weil nahezu all ihre sozialen Ausgabenpläne gestrichen wurden.

Zugleich ist zu erwarten, dass Black Lives Matter und ''Antifa'' sich nicht unbedingt mit friedlichen Mitteln wehren, wenn demokratisch regierte Bundesstaaten wieder bürgerliche Sicherheit gewährleisten wollen und erneut mehr Polizei einstellen, die die Straßen patrouillieren. Auch die anderen Lieblingsprojekte der Diversitäts- und Identitätsanhänger werden auf den Prüfstein gestellt werden müssen, wenn die Demokratische Partei ihr derzeitiges Image einer Chaostruppe loswerden will. Ob sie dabei unterm Strich in der Mitte der US-Gesellschaft wieder mehr Stimmen gewinnt, als sie an den Rändern verlieren wird, ist fraglich.

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