Meinung

Wie demokratisch sind die Grünen mit ihrem Geheimdienst?

Das Netzwerk zwischen "Faktencheckern" und Organisationen wie der Amadeu Antonio Stiftung wird von Monat zu Monat aktiver, mit politischer Rückendeckung. Inzwischen betreiben sie längst geheimdienstliche Arbeit. Mit einer demokratischen Gesellschaft ist das inkompatibel.
Wie demokratisch sind die Grünen mit ihrem Geheimdienst?Quelle: www.globallookpress.com © Kay Nietfeld

Von Dagmar Henn

Wenn jemand im Westen Gruselgeschichten erzählen will, greift er gern zum KGB, weil dieser Dienst der Definition wie dem Wappen nach "Schild und Schwert der Partei" war, weshalb angenommen wird, dass die Interessen der Partei Vorrang vor jenen des Staates hatten, und gesagt wird, dass die Verwendung eines Geheimdienstes zur Machtsicherung besonders verwerflich sei.

Darum wird auch immer wieder betont, dass die Nachrichtendienste in Deutschland unter parlamentarischer Kontrolle stehen und ihre Tätigkeit durch entsprechende Gesetze beschränkt ist. Nicht, dass die Darstellung des KGB vor Wahrheitsgehalt überschäumt – de facto gingen seine Befugnisse in manchen Punkten nicht einmal so weit wie die der heutigen deutschen Polizei. Die Frage, was es bedeutet, wenn eine Partei einen nicht auf die eigenen Strukturen, sondern einen auf die Gesellschaft ausgerichteten Geheimdienst besitzt, stellt sich ganz aktuell – und zwar in Deutschland. Und die Partei, die sich solches leistet, ist Bündnis90/Die Grünen.

Zu diesem Schluss kommt man, wenn man genauer betrachtet, was das ganze Netzwerk aus "Faktencheckern" und "zivilgesellschaftlichen Initiativen" so treibt. Die Ereignisse im Ahrtal, die wir hier vor Kurzem behandelt haben, liefern ein Exempel dafür. Dort finanzierte eine Kölner Clubbesitzerin eine "Journalistin", die sich bemühte, die im Ahrtal bereits tätigen Helfer alle als Rechtsradikale anzuschwärzen, damit besagte Clubbesitzerin den Landesauftrag für die Hilfe einheimsen konnte.

Das ist nicht nur ein Fall besonders bösartiger Korruption, Informationen über andere zu sammeln, um sie anzuschwärzen, es ist eine nachrichtendienstliche Tätigkeit. Solange es dabei um wirkliche Nazis ging, wie das beispielsweise bei der bayrischen Initiative a.i.d.a. oder Jahrzehnte davor beim sozialdemokratisch betriebenen Pressedienst Demokratische Initiative (PDI) der Fall war, und diese Arbeit durch Untätigkeit der bayrischen Behörden in diesem Bereich ausgelöst wurde, bleibt das zwar als private Initiative rechtlich kritisch, ist aber legitim. Die Wehrsportgruppe Hoffmann beispielsweise wurde vor dem Sprengstoffanschlag auf das Oktoberfest 1980 von staatlicher Seite in Bayern immer als harmlos dargestellt, es war vor allem der PDI, der sie beobachtete.

Anders sieht das aus, wenn solche Strukturen nicht nur Informationen sammeln, sondern sie anschließend manipulieren und im politischen Interesse der eigenen Seite einsetzen. Damit man nicht glaubt, das sei auf das Ahrtal beschränkt, betrachten wir doch einmal einen Artikel, der vor einiger Zeit in der Jungle World erschien, aber erst jetzt kostenlos gelesen werden kann.

Der Text bezieht sich auf die unseren Lesern gut bekannte humanitäre Organisation Friedensbrücke – Kriegsopferhilfe e. V., die sich durch ihre Tätigkeit im Donbass unbeliebt gemacht hat, obwohl es sich um rein humanitäre Lieferungen handelte (das Finanzamt hatte die ganzen Jahre über jährlich die gesamte Buchhaltung geprüft, Beleg für Beleg, ohne jemals etwas zu finden, das nicht den Kriterien einer humanitären Lieferung entsprochen hätte).

Der Autor des Textes, Andrej Steinberg, ist selbst Mitarbeiter der Amadeu Antonio Stiftung und befasst sich mit "russischer Desinformation". Er beruft sich auf Recherchen eines Portals namens The Insider, dessen IP-Adresse auf einen Bahnhof in San Francisco führt, und zu einer Person namens "Polly", die sich auf ihrem Twitter-Account als besonders aktives Mitglied der weißrussischen Opposition darstellt, die ihre Tage damit verbringt, Material über Menschen zu sammeln, die nicht antirussisch genug sind.

Wie weit "Polly" beziehungsweise die Personen, die sich als "Polly" ausgeben, von Diensten finanziert werden, kann nicht ermittelt werden. Aber sowohl die Lokalisierung von The Insider als auch der Eifer, mit dem "Polly" russische Telegram-Kanäle durchkämmt, deutet an, dass hier, wenn keine öffentliche, so doch eine private Finanzierung vorliegt. Und da mit Steinberg die Brücke zur Amadeu Antonio Stiftung geschlagen ist, ist deren Beteiligung nicht auszuschließen.

Die Vorhaltungen, die in dem Artikel gemacht werden, sind auf die inzwischen bekannte Art konstruiert – sie arbeiten mit Verkürzungen, Auslassungen und unbelegten Zuschreibungen. Wenn dort beispielsweise steht: "Das Foto eines Lastwagens, der mit dem hierzulande verbotenen Z-Symbol versehen war, bescherte der Friedensbrücke im vergangenen Jahr ein Ermittlungsverfahren wegen Billigung von Straftaten und die Aberkennung der Gemeinnützigkeit", dann wird dabei die Tatsache übergangen, dass der Lastwagen mit dem Z ein russischer Lastwagen in Russland war, wo ebendieses Symbol gar nicht verboten sein kann, und damit ein entsprechendes Strafverfahren in Deutschland auf äußerst wackligen Füßen steht. Wie die letzten Monate gezeigt haben, ist das kein Schutz vor Strafverfolgung, aber es belegt, dass auch die Strafverfolgungsbehörden die Gesetze nur noch begrenzt respektieren.

Massiver ist dann dieser Vorwurf: "Im November hatten laut Insider an diesen Transporten beteiligte Lastwagen beispielsweise Maschinenöl für Kampffahrzeuge an Bord. Im Februar 2023 habe Kilincs Verein demnach die Lieferung einer Anti-Drohnen-Waffe und eines Drohnensystems an ein Regiment der Lugansker Volksrepublik bezahlt." Lastwagen, die an Transporten beteiligt sind, die der Verein Friedensbrücke zusammen mit Kooperationspartnern in Russland durchführt – das ist die bekannte Geschichte von der Kontaktschuld. Eine Strafbarkeit würde voraussetzen, dass der Verein selbst von seinen Spendengeldern militärische Güter erworben hätte.

Dem ist nicht so, das hätte bereits vor Jahren zu einem Verfahren geführt, und wie oben schon erwähnt, lagen alle Belege für die Verwendung der Mittel dem Finanzamt vor. Wenn ein russischer Verein, mit dem zusammen ein Transport organisiert wird, organisiert werden muss, weil man Fahrer, die in ein Kriegsgebiet fahren, nicht einfach bei einer Spedition buchen kann, dann andere Materialien liefern, ist das keine Verfehlung des deutschen Vereins. In Russland ist es russischen Bürgern sehr wohl gestattet, Material an die russische Armee zu liefern. Dass die gleiche, im Internet zusammengerufene Gruppe Menschen die Waren aller beteiligten Organisationen in die Lkws verlädt, macht aus deutschen Inkontinenzwindeln noch keine Drohnen.

Aber spätestens seit dem "Querfront"-Vorwurf schlucken viele, die sich in Deutschland als Linke begreifen, allerlei Unterstellungen, wenn sich nur ein Foto finden lässt, auf dem zwei Personen nebeneinander stehen, auch wenn eine der Folgen des Internets ist, dass sich solche Fotos von Personen finden lassen, die nicht einmal ein Wort miteinander gewechselt haben.

Es gibt beispielsweise ein Foto von der Abfertigung eines Transports (für den, wie zuvor erwähnt, im Internet aufgerufen wurde, weil es schlicht Menschen benötigt, die Dinge tragen; Aufrufe, die mal sechs, mal sechzig Personen in Bewegung setzen, die mit dem ganzen Transport nicht mehr zu tun haben, als eben besagte Dinge zu tragen), auf dem das Logo von der Friedensbrücke zu sehen ist, und daneben steht ein Aktivist einer serbischen Bewegung. Besagter Aktivist soll im Jahr 2017 dem westlichen Helden Nawalny Farbe ins Gesicht gegossen haben und sei darum ein Rechtsextremist.

Also schon die Zuschreibung zu dieser Person beruht auf falschen Tatsachen. Zudem ist das Logo bei jedem Transport zu sehen, bei dem die Friedensbrücke etwas mitschickt, egal, ob Vertreter des Vereins dabei anwesend sind oder nicht (im gesamten Verlauf der vergangenen acht Jahre war dies mehrheitlich nicht der Fall). Jeder, der auch nur zwei Minuten darüber nachdenkt, würde begreifen, dass eine Überprüfung der gesamten politischen Vorgeschichte von Menschen, die nur Dinge in einen Lastwagen tragen, völlig absurd ist. Wer jemals Aussagen von Nawalny gelesen hat, begreift auch schnell, dass nicht derjenige der Nazi ist, der ihm Farbe ins Gesicht kippt. Aber fünf Jahre nach diesem Vorfall könnte eine Vertreterin des Vereins ihre politische Reinheit nur bewahren, wenn sie den serbischen Aktivisten daran gehindert hätte, Dinge in einen Lastwagen zu tragen.

Viele der Details sind schlecht recherchiert. So war der im Artikel erwähnte Alexander Miroschnitschenko zwar jahrelang wirklich Kämpfer der Donbassmilizen und hatte unter anderem viele humanitäre Transporte begleitet (was in Kriegsgebieten erforderlich ist, wenn Verteilstellen für Hilfsgüter im Sichtfeld von Scharfschützen und Artillerie liegen), aber er ist nicht im Kampf gefallen. Er war im Zivilberuf Bergsteiger und Fassadenkletterer, und stürzte tatsächlich bei Bauarbeiten zum Wiederaufbau Mariupols vor Ort von einem Baugerüst und verletzte sich so schwer, dass er das Bewusstsein nicht wiedererlangte. Seine Beerdigung war ein Großereignis mit mehreren Hundert Anwesenden – insofern ist auch die Aussage, dass zwei Personen beide auf dieser Beerdigung gewesen seien, eine Nullinformation.

So geht es weiter: Friedensbrücke-Mitbegründer Klaus Koch soll sich sehr über seine Beförderung zum General gefreut haben, hatte er es in der NVA doch so weit nicht mehr gebracht. Und die Bemühungen, ausgerechnet den OKV, das Ostdeutsche Kuratorium der Verbände, in dem sich alle Organisationen der ehemaligen DDR-Eliten finden, in die rechte Ecke schieben zu wollen, ist ein Akt, der völlig absurd ist. Damit diese Verrenkung auch nur gedanklich gelingt, muss man sich in obskuren anarchistischen Kreisen bewegen, die ihren Hass schon immer primär auf Kommunisten richteten.

Die Vorgehensweise ist also die übliche. Und es geht darum, politische Widersacher, die die Erzählung von der demokratischen Ukraine stören, so sehr mit Dreck zu bewerfen, dass sie ihre politische Wirkungsfähigkeit verlieren. Aber wirklich interessant ist hier, wer das tut.

Die Amadeu Antonio Stiftung ist gewissermaßen die Spinne im Netz all der Faktenchecker, "Corrective" und "Pollys". Was in den vergangenen Jahren aber vor lauter Getöse über Desinformation und Destabilisierung und so weiter unterging, ist, dass ihre Tätigkeit in weiten Teilen exakt das ist, was die Verfassungsschutzämter auch tun – allerdings ohne gesetzlichen Auftrag, ohne parlamentarische Kontrolle und in einem eindeutig orientierten Interesse, das, wie das Beispiel Ahrtal oder etwa die Reaktion des grünen Ministers Habeck belegt, nicht darauf beschränkt ist, humanitäre Hilfe im Donbass zu verunglimpfen.

Erstaunlicherweise haben die übrigen Parteien in Deutschland noch nicht bemerkt, was sie da herangezogen haben. Der große Zugriff in die öffentlichen Kassen eröffnete sich für diese Netzwerke während Corona. Da fand es vermutlich auch die politische Konkurrenz einfach bequem, Hilfstruppen zu haben, die immer lautstark erklärten, dass das, was die Regierung verkündete, die Wahrheit sei, und sich ansonsten darum bemühten, alle, die das nicht für Wahrheit hielten, zu Staatsfeinden zu erklären. Dass die gesamten Netzwerke parteipolitisch eine, vorsichtig formuliert, sehr starke Neigung zu den Grünen haben, wurde dabei wohl in Kauf genommen, ebenso wie die zunehmende Orientierung hin auf Angriffe gegen Personen.

Wie man am obigen Beispiel sieht, ist die Tätigkeit dieser Strukturen mittlerweile bis zu einer Dopplung der Verfassungsschutzämter angewachsen, wobei nicht nur der eventuell legale Teil der Beobachtung betrieben wird, sondern zudem durch gezielte Manipulation der Informationen aktiv politische Debatten im parteilichen Interesse verzerrt werden.

Bündnis 90/Die Grünen sind gerade in Bezug auf die Ukraine am tiefsten involviert: Marie-Luise Beck, die entscheidend mit dafür verantwortlich ist, dass diese Partei so innige Beziehungen zu ukrainischen Nazis hegt, traf sich erst jüngst mit einer der Mörderinnen von Odessa. Das Foto dieser Begegnung erhielt leider nie die Aufmerksamkeit, die ihm angemessen ist, weil die Übergänge von den grünen Nachrichtendiensten in die Redaktionsstuben des Mainstreams fließend sind und daher die Verwendung solcher Informationen unterbleibt, selbst wenn diese – wie in diesem Fall frei von Manipulation – auf eine echte Nähe verweisen, weil sie in die falsche Richtung führen würde.

Diese grüne Positionierung jedenfalls erklärt, warum Kritiker der NATO-Position mit besonderem Eifer verfolgt werden. Erstaunlich ist allerdings, dass die Spitzen von SPD, FDP und CDU offenkundig nicht erkennen, dass sie damit einen Apparat entstehen ließen, der sich genauso gut gegen sie wenden kann, mit denselben Methoden, und dass sie diesen Apparat mit Steuergeldern finanzieren. Man muss nur bedenken, wie eifrig Bundeswirtschaftsminister Habeck das Schema nutzt, dass alles, was seinen Vorstellungen widerspricht, russische Desinformation sei. Der grüne Parteigeheimdienst steht auch bereit, aus der FDP eine Zentrale russischer Desinformation zu machen, wenn ihre Einwände gegen die Habeck-Heizgesetze zu erfolgreich werden sollten, oder aus der SPD, wenn diese eventuell aus Not ihre Haltung zur Kernkraft verändert.

Bei allem Geschrei, das zum Rollator-Putsch erhoben wurde, und allen Erklärungen, wie gefährlich die Desinformation sei, die aus Russland oder aus den Reihen heimischer Opposition stammt, wenn man eine wirkliche, reale Bedrohung für die deutsche Demokratie sucht, findet man sie beim mit Steuergeldern aufgepäppelten grünen Parteigeheimdienst.

Es hätte niemals erlaubt werden dürfen, dass privat kontrollierte Organisationen eine derartige Rolle übernehmen. Schon die Funktion des Sammelns ist problematisch, die Funktion des Angriffs auf Personen und Organisationen jedoch ist aktive Geheimdiensttätigkeit. Das führt zur schlimmsten Verzerrung demokratischer Prozesse, die es je in der Bundesrepublik gegeben hat. Selbst die bizarre Ungleichheit zwischen den gehätschelten Klimaklebern und den verteufelten Friedensdemonstranten beruht im Kern auf dieser grünen Denunziationsmaschinerie, die jederzeit bereitsteht, einen lästigen Gegner einer "character assasination", einer Zerstörung des Rufs zu unterziehen. Eigentlich dürften die Konsequenzen aus diesen Strukturen nicht bei deren Auflösung enden. Die Tatsache, solche Strukturen geschaffen zu haben, müsste zu einem Verbot der Grünen führen.

Mehr zum ThemaInitiativen der Solidarität für Donbass: Ein Gespräch mit Liane Kilinc

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