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Prozess gegen FTX-Krypto-Börse hat begonnen – Co-Gründer gesteht Schwindel

Aus den Augen, aus dem Sinn. Aber nun hat endlich der Prozess gegen FTX und ihren Gründer und IT-Altruisten Sam Bankman-Fried begonnen. Die jüngsten, ersten Enthüllungen vor Gericht bestätigen nur, was die meisten ohnehin schon vermutet haben.
Prozess gegen FTX-Krypto-Börse hat begonnen – Co-Gründer gesteht Schwindel© Lev Radin

Von Elem Chintsky

Vor etwas weniger als einem Jahr kollabierte die bis dahin sehr populäre und von der klassischen Geldfinanz – wie Goldman Sachs – umworbene Krypto-Börse FTX. Ihr öffentlichkeitswirksamer Mitbegründer, Sam Bankman-Fried, war schnell zum Hauptverdächtigen geworden und entpuppte sich kurze Zeit später als verantwortlicher Drahtzieher, der den Geldwäsche- und Investitionsbetrug vorsätzlich organisierte. Damals hat der Autor die Hintergründe und Hintermänner von Bankman-Fried – sogar seine eigene Mutter, die für die Demokratische Partei dubiose Lobby-Arbeit betrieb – beleuchtet. Vor vier Tagen begann nun der Prozess.

Der ominöse, das Rampenlicht meidende Co-Gründer von FTX, Gary Wang, sagte bei diesem Prozess aus. Demnach soll er auf Bitten Bankman-Frieds willentlich Hintertüren in den Quellcode von deren Finanzservice-Ökosystem einprogrammiert haben. Einige Dinge wurden dadurch im Verdeckten ermöglicht. Zum Beispiel konnte man damit den angeblichen FTX-Versicherungsfonds für das Jahr 2021 in Höhe von 100 Millionen US-Dollar den Kunden und Anlegern vortäuschen — dieser war nur eine Fälschung und enthielt niemals, wie von Bankman-Fried behauptet, den FTX-Token (FTT) der Krypto-Börse. FTT war die hauseigene Kryptowährung der Börse – wie es in dieser Sphäre üblich ist. So hat Binance den Binance Coin (BNB), KuCoin den KuCoin Token (KCS) während Huobi Global seinen Huobi Token (HT) betreibt. 

Kurzer Rückblick

Die ganze erste Novemberwoche 2022 vor dem FTX-Sturz war voller expliziter Vorboten in der Berichterstattung – vor allem ein Enthüllungsbericht von CoinDesk – der die Öffentlichkeit auf große buchhalterische Unstimmigkeiten zwischen Bankman-Frieds Kryptowährungsbörse und seinem Eigenhandels- und Trading-Unternehmen Alameda Research aufmerksam machte. Laut dem Quellendokument, das damals CoinDesk vorlag, verfügte Bankman-Frieds Alameda Research insgesamt über Vermögenswerte von ungefähr 14,6 Milliarden US-Dollar. Der Haken? Das meiste davon in der Form des FTT-Tokens von FTX, also ein hauseigener und nicht unabhängiger Vermögenswert (wie Gold, Erdöl oder der US-Dollar), der von Bankman-Frieds Schwesterfirma eigens für das FTX-Ökosystem erfunden und eingesetzt wurde. FTT war aber inkognito in einer anderen Firma benutzt worden, um den Firmen- und Verfügungswert in der Außendarstellung zu verfälschen und zu verschleiern. Dieses Spiel der konstruierten Wahrnehmungen lief für Bankman-Fried dreieinhalb Jahre lang gut, da er viele Kunden und Groß-Investoren anlocken konnte, um sein Finanzkonstrukt metastasieren zu lassen. Mal verschleierte er die faktische Abwesenheit unabhängiger Vermögenswerte mit der Anwesenheit seines FTT-Tokens – mal behauptete er, dass ein Kapitalbecken aus FTT-Token bestand, wo diese nicht einmal vorhanden waren – und das im steten Wechsel, um die Kapitalwanderung nicht nachvollziehbar zu machen, außer für sich und einige Auserwählte.

Zum Zeitpunkt des Kollapses war FTX die drittgrößte Krypto-Börse der Welt – mit über einer Million Kunden. Am 11. November 2022 wurde für FTX ein Insolvenzverfahren eingeleitet. Der Bitcoin (BTC) als Mutter aller Kryptowährungen blieb von diesem Finanz-Fiasko nicht unbetroffen: Noch am 5. November gab es ein kleines, regionales Hoch von 21.384 US-Dollar pro Bitcoin, aber schon am 10. November war ein Werteinbruch von minus 26 Prozent zu verzeichnen – mit einem geminderten Marktwert von 15.840 US-Dollar, in nur wenigen Tagen.

Es war nur ein Jahr zuvor – fast auf den Tag genau – als der Bitcoin sein historisches Allzeithoch von 64.800 US-Dollar feiern konnte – am 12. November 2021.

Im selben Jahr (auch im Rahmen des enthusiastisch wahrgenommenen Bullenmarktes) erreichte der Bitcoin mit 60.700 US-Dollar am 18. April 2021 sein bis dahin absolutes Allzeithoch. Ab Ende 2021 begann anschließend der Bärenmarkt, der – wie so oft – psychologisch nur stufenweise von der Community und vom Markt akzeptiert wurde.

Zurück in die Gegenwart

Neben dem anfänglich erwähnten Wang hat sich auch ein weiterer enger Freund von Bankman-Fried und ehemaliger FTX-Entwickler, Adam Yedidia, vor Gericht geäußert. Er soll bei seiner Arbeit über einen Fehler im FTX-Code gestolpert sein, der die Schulden von Alameda Research mit 16 Milliarden US-Dollar auswies. Nachdem er den Fehler behoben hatte, entdeckte Yedidia, dass Alameda Research in Wirklichkeit immer noch 8 Milliarden US-Dollar an Schulden hatte. Daraufhin versicherte Yedidia seinem Freund Bankman-Fried zwar, dass er bei FTX an seiner Seite bleiben werde, reichte dann aber doch seine Kündigung ein und distanzierte sich. Der Grund für den Sinneswandel sei die kurze Zeit später errungene Erkenntnis darüber gewesen, dass FTX diese Kreditschulden mit Vermögenswerten von eigenen Kunden deckte und beglich.

"Worin bestand der Geldtransferbetrug?", lautete eine der Fragen der Staatsanwaltschaft an FTX-Co-Gründer Wang.

"Wir [FTX] haben Alameda erlaubt, unbegrenzt Geld abzuheben", erwiderte Wang und ergänzte dabei, dass diese besonderen Privilegien in den Programmcode unter seiner bewussten Aufsicht integriert worden waren. Privilegien natürlich, die Dutzende von hochkarätigen FTX-Investoren weder genossen haben, noch konnten sie ahnen, dass FTX sie der eigenen Schwesterfirma so großzügig auf Kosten anderer gewähren würde.

Neben Bankman-Fried selbst und Wang sitzen auch die ehemalige Co-Geschäftsführerin von Alameda Research, Caroline Ellison, und der technische Leiter sowie Mitbegründer von FTX, Nishad Singh, unter anderem wegen "betrügerischem Geschäftsverkehrs" auf der Anklagebank. Alle drei haben sich bereits schuldig bekannt. Bankman-Fried sieht sich mit sieben Anklagepunkten konfrontiert, darunter auch "betrügerischer Geschäftsverkehr" und "Verschwörung zur Geldwäsche" im Zusammenhang mit dem Betrieb von FTX. 

Wie sieht es für den Bitcoin also aus?

Die sogenannte "Bitcoin-Halbierung" steht bevor. Die nächste soll irgendwann im Monat April 2024 stattfinden. Vereinfacht heißt das, dass zu diesem dramatischen Zeitpunkt die Block-Belohnungen der Miner und Mining-Fabriken weltweit um 50 Prozent von den derzeitigen 6,25 BTC auf 3,125 BTC pro Block sinken werden. Es ist ein Ereignis, das etwa alle vier Jahre stattfindet. Ein anderer Indikator ist, dass etwa 210.000 Blöcke von den Minern erschlossen oder gemint wurden. Wenn man die Rechenleistung aller beteiligten Miner berücksichtigt, dann liegt die derzeitige Durchschnittsgeschwindigkeit bei etwa einem BTC-Block alle 10 Minuten. Kryptografisch ist dieser Vorgang seit jeher im Bitcoin-Quellcode verankert und halbiert die Block-Belohnung für Miner für jeden geminten Block – woher auch der branchenspezifische Begriff "Halbierung" entstammte.

Historisch werden die "Bitcoin-Halbierungen" auf dem Finanzmarkt verheißungsvoll erwartet, da die Miner Einfallsreichtum und Innovation beweisen müssen, um die Blöcke ökonomischer zu gewinnen als zuvor. Außerdem hat die Halbierung großen Einfluss auf den Vorrat der Bitcoins auf dem Weltmarkt, der ohnehin insgesamt fest prädeterminiert ist auf 21.000.000 Stück. Die Halbierung ist also ein integraler Aspekt des Bitcoin-Blockchain-Systems und dient unter anderem dazu, die Inflation des kryptografisch-digitalen Vermögenswertes in Schach zu halten – so sehr, dass viele unabhängige Finanzanalytiker den Bitcoin als eine ebenbürtige oder sogar bessere Absicherung gegen die Inflation erachten als Gold. 

Somit erzeugt das Ereignis signifikantes Interesse in der breiteren Öffentlichkeit, das normalerweise einerseits viele neue Teilnehmer in diesen Markt einfließen lässt – andererseits das Verhalten etablierter und erfahrenerer Investoren stimuliert.

Im Fall, dass der Bitcoin nach seiner Halbierung einen neuen Bullenmarkt einleiten sollte, würde natürlich auch der Altcoin-Markt – allen voran die Kryptowährung Ethereum (ETH) – dramatisch an diesem Wachstum teilhaben. Zum Zeitpunkt dieser Publikation haben der Bitcoin und Ethereum jeweils einen Marktwert von 27.568 und 1.585 US-Dollar.

Dies wären aber Entwicklungen, die Figuren wie Sam Bankman-Fried und seinen Kollegen herzlich wenig nützen – sofern die US-amerikanische Rechtsprechung konsequent bleiben sollte. Profitabel genug war der "altruistische" Beitrag des jungen IT-Unternehmers und Diebes bereits.

Elem Chintsky ist ein deutsch-polnischer Journalist, der zu geopolitischen, historischen, finanziellen und kulturellen Themen schreibt. Die fruchtbare Zusammenarbeit mit RT DE besteht seit 2017. Seit Anfang 2020 lebt und arbeitet der freischaffende Autor im russischen Sankt Petersburg. Der ursprünglich als Filmregisseur und Drehbuchautor ausgebildete Chintsky betreibt außerdem einen eigenen Kanal auf Telegram, auf dem man noch mehr von ihm lesen kann.

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