Deutschland

Verfassungsschützer warnen vor "TikTokisierung" des Islamismus

Die Erwähnung einer Befürchtung von "Parallelgesellschaften" gilt als "AfD-Sprech" und spaltende Argumentation zum Thema Integration von Menschen muslimischen Glaubens. Der Verfassungsschutz der Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern warnt jedoch aktuell vor einer islamistischen Radikalisierung junger Menschen auf TikTok.
Verfassungsschützer warnen vor "TikTokisierung" des Islamismus© Screenshot: TikTok/abulbaraatok

Ein am Sonntag in Potsdam veröffentlichter Sonderbericht des Brandenburger Verfassungsschutzes und die Analyse des Schweriner Innenministeriums für den BfV-Mecklenburg-Vorpommern warnen vor zunehmender Beeinflussung und Manipulation auf das Denken und Handeln von Jugendlichen bei Glaubensfragen in Bezug auf den Islam. "Fundamentalistische Akteure" würden demnach die Reichweite der Kurzvideo-App TikTok bewusst einsetzen, um mit ihren Inhalten ein Millionenpublikum zu generieren. Der Verfassungsschutz erkennt die Gefahr der "'TikTokisierung' des Islamismus".

Der jüngste mediale Aufreger zum Thema "Islamischer Glaube" wurde durch den Fußballspieler Antonio Rüdiger und seinen in einem Instagram-Post gezeigten sogenannten "Tauhid"-Finger ausgelöst, der von Kritikern auch als "Islamisten-Gruß" bezeichnet wird. Die muslimische Tradition verweist durch den Fingerzeig eines Gläubigen darauf, dass "Gott das einzige göttliche Wesen ist, das existiert". Es gilt als ein religiöses Zeichen, das auch im Gebet verwendet wird.

Die in den Verfassungsschutzberichten erwähnten streng gläubigen, oft fundamentalistischen Akteure würden bewusst das Medium TikTok für ihre manipulativen Agitationsvideos auswählen. Der Deutschlandfunk erklärt zusammenfassend zu den jeweiligen BfV-Analysen:

"Laut den Verfassungsschützern üben Prediger mit ihren Videos und Ansprachen Einfluss auf das Denken und Handeln der Jugendlichen aus. Oft setzten sie maßgeblich Radikalisierungsprozesse in Gang. Dem familiären und schulischen Umfeld der Jugendlichen bleibe das vielfach verborgen, da Eltern oder Lehrer TikTok meist nicht nutzen und mit der App nicht vertraut seien."

Als exemplarisches Fallbeispiel präsentierte der ZDF-Moderator Markus Lanz am 18. April in seiner Talksendung einen TikTok-Ausschnitt des salafistischen Predigers Ahmad Armih, alias Abul Baraa, dessen Account aktuell mehr als 300.000 Follower hat. So erklärt der Prediger seinen "Followern" zum Thema "Darf man mit einer Frau schreiben (chatten), wenn man ernste Absichten hat, sie zu heiraten?" in einem TikTok-Video:

"Ja. Machen sie zum Beispiel bei WhatsApp eine Gruppe auf, dann ist in der Gruppe ihr Vater oder ihr Bruder eingefügt. Sodass der Schaitan (Satan, Anm. d. Red.) nicht dazwischenkommen kann. Wenn man weiß, Vater oder Bruder ist mit drinnen, dann wird man sich auch zügeln mit den Gesprächen."

Abul Baraa wird aktuell vom Verfassungsschutz beobachtet:

Der Brandenburger BfV warnt in seinem Bericht vor einer "Radikalisierung junger Muslime", basierend auf den Inhalten "allen voran salafistischer Influencer", so die Formulierung in dem vorab veröffentlichten Beitrag aus dem Brandenburger Verfassungsschutzbericht 2023, der komplett am 29. April veröffentlicht werden soll. Weiter heißt es laut dem RBB im Bericht zum Phänomen TikTok:

"Zwar sei die Nutzung von sozialen Netzwerken durch Islamisten kein neues Phänomen, betonte die Behörde. Jedoch habe die App TikTok aufgrund ihres "Suchtpotenzials" durch algorithmen-gesteuerte immer neue Videovorschläge "zu einer enormen Dynamisierung" geführt und sei ein "Brandbeschleuniger" für Radikalisierung." 

Der Verfassungsschutz in Mecklenburg-Vorpommern erwähnt in seinem Vorabbericht auch die Gefahr der Mobilisierung durch entsprechende TikTok-Videos. So geschehen bei einer von Islamisten inszenierten Gebetsaktion vor dem Brandenburger Tor in Berlin nach den Hamas-Israel-Ereignissen vom 7. Oktober des Vorjahres.

Ein Bild-Artikel erklärt zum Bericht des BfV-Mecklenburg-Vorpommern:

"Ibrahim El Azzazi, Abul Baraa und andere Prediger – wie Tarek Baé – inszenieren sich in ihren Videos betont jugendgerecht und setzen demonstrativ auf ihre Nähe zu 'Influencern, Rappern oder arabischen Clan-Größen'. Ihr strategisch ausgefeilter Content wirke zwar für Außenstehende 'auf den ersten Blick unverfänglich', fördere aber 'bei Jugendlichen eine Entfremdung von der Mehrheitsgesellschaft sowie den Werten des demokratischen Rechtsstaats', so die Behörden."

Laut Verfassungsschutzbefürchtungen hätte das TikTok-Format ein "besonderes Suchtpotenzial". Die manipulative Realität von Algorithmen schlägt dabei Nutzern immer wieder "neue Videos vor, die genau denen ähneln, die sie sich vorher angeschaut haben". Im Verfassungsschutzbericht des Jahres 2022 in Mecklenburg-Vorpommern hieß es zu dem Phänomen (Seite 92):

"Stattdessen werden zunehmend öffentliche Debatten aufgegriffen, um islamistische Positionen als alternatives Werteideal zu propagieren. Das Ziel einer solchen Diskursverschiebung besteht darin, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schwächen und die freiheitliche demokratische Grundordnung in Frage zu stellen. Als Alternative präsentieren "islamistische Influencer" ein Gesellschaftsmodell, welches für komplexe (Alltags-)Probleme vermeintlich einfache Lösungsansätze verspricht und damit insbesondere ein jugendliches Publikum zu erreichen versucht."

Zuvor hatten bereits die BfV-Mitarbeiter der Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen in ihren Berichten themenbezogene Entwicklungen thematisiert.

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